Konzert Review
Konzertbericht zum 22. Internationalen Rostocker Blues Festival im Zwischenbau am 24.02.2018:
Voll war es am vergangenen Samstag im Zwischenbau in der Südstadt beim 22. Internationalen Rostocker Blues Festival. Wieder mal ausverkauft und gemütlich warm, wenn man aus der Eiseskälte kam. Vorne am Eingang wurde man mit lauschigen Kerzenlicht empfangen, da es Stromprobleme gab. Ob es an der Kälte lag, an den Stadtwerken oder an einer alten Sicherung war an diesem Abend nicht mehr auszumachen. Letztlich auch nicht wichtig, denn Hauptsache der Saal war warm und beleuchtet, das Bühnenlicht und die Tonanlage funktionierten und die Künstler waren gut drauf. Ersteres hatte sich gleich nach Zutritt in den Club geklärt, alles andere erfüllte sich Punkt 20 Uhr mit dem Start der ersten Band. Die Hörbie Schmidt Band aus Kiel erwies sich nicht nur als spielfreudig und musikalisch abwechslungsreich, sondern mit Frontmann und Namensgeber Hörbie Schmidt auch als ausgesprochen redselig und unterhaltsam. So konnte der kleine Mann mit der langen blonden Wuschelmähne zu nahezu jedem Song eine kleine Anekdote erzählen. Bei allem handwerklichen Können der vier Musiker, war aber das Highlight bei diesem Auftritt die Gastsängerin Maya Mo. Eine kleine Frau mit einer riesigen Stimme, die mehrere Oktaven erreicht und jedem einzelnen Song ein Gänsehaut Feeling verpasst. Das Publikum, überhaupt nicht nordisch like, war von der ersten Minute an voll da, klatschte und sang mit, als gebe es kein Morgen mehr. Besucher aus weiter Ferne, die es durchaus gab, glaubten gar sich in südländische Gefilde versetzt, so stimmungsvoll verlief gleich der erste Auftritt der mehrfach prämierten Kieler Formation in Rostock. Hochkarätig ging es gleich weiter mit den Vertretern aus Holland. Nach einer kurzen Umbaupause wurde es mit Johnny Clark & The Outlaws zunächst etwas rockiger. Aber gleich beim zweiten Song gesellte sich die Texanerin Dede Priest dazu und manövrierte die nun 4-köpfige Band geschickt vom harten Texas-Südstaaten Bluesrock, über den groovigen Deltablues hin zum sanfteren Country-Blues, der mit einer Prise Folk angereichert war. Dabei erfüllte die korpulente dunkelhäutige Afroamerikanerin nicht nur rein äußerlich alle Klischees des Blues, sondern erwies sich auch als facettenreiche unglaublich stimmgewaltige Sängerin, die allein mit ihrer Stimme die Lautsprecherboxen zum vibrieren brachte. Mal laut, mal leise aber immer mit diesem starken Vibrato in der Stimme, mit dem sie das ganze Publikum in ihren Bann zog. Dabei war dies nicht mal ihre einzige Stärke. Ebenso als Instrumentalistin, sowohl an Gitarre, als auch an der Geige, erwies sie sich als wahre Könnerin. Geschickt verlieh sie mittels Gitarrenverstärker ihrer Geige ganz ungewohnte Töne und bezauberte die Blues-Fans bei ihren Geigen-Duellen mit Gitarrist Johnny Clark. Wie soll man das jetzt noch steigern können, dachten sich sicher viele nach diesem großartigen Auftritt. Aber es ging. Die nordenglische Climax Blues Band, gerade auf Jubiläums-Tour zum 50. Band-Geburtstag, ging gleich in die Vollen. Mit ihrem dynamischen Chicago Blues Rock, der starken Bühnenpräsenz und ihrer puren Spielfreude zogen sie das Rostocker Publikum sofort in ihren Bann. Sänger Graham Dee erwies sich dabei auch als brillanter Mundmusikakrobat, konnte er doch auf diese Art dem Gesangsmikrofon ganz erstaunliche und völlig neue Töne entlocken. Saxofonist Chris Aldrige war ein Gigant an seinem Instrument und blies das Sextett beherzt nach vorne. Immer wieder lieferte er sich dabei lange ausgefeilte Solis mit Gitarrist Lester Hunt und Mr. Climax himself, George Glover an der Hammondorgel und dem Keyboard. Atemberaubend, was die sechs, größtenteils älteren Herrschaften, da auf der Bühne vollbrachten. Perfekt eingespielt zelebrierten sie Chicago Blues und typischen British Bluesrock vom Feinsten, zeigten jeder für sich eine handwerkliche Meisterleistung und bewiesen sich trotz der sprachlichen Barriere als ausgesprochen gute Unterhalter. Mit Hilfe vom Mimik und Gestik und ihren „sprechenden“ Instrumenten begeisterten sie das Publikum bis weit nach Mitternacht. Natürlich entließen sie die Fans nicht zurück in die dunkle, bitterkalte Nacht ohne ihren Mega-Hit Couldn’t Get It Right vom Album „Gold Plated“ aus dem Jahr 1976 zu spielen. Beseelt von fast fünf Stunden bester und äußerst abwechslungsreicher Bluesmusik bildeten sich anschließend noch lange Schlangen am CD-Stand, wo alle Künstler bereitwillig Autogramme gaben und viele Besucher die Möglichkeit wahrnahmen, noch ein Foto zu schießen oder sich ein musikalisches Erinnerungsstück mit nach Hause zu nehmen. Nach so einem Abend wird das warten auf das nächste Blues Festival in einem Jahr besonders lang. Aber Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude.